Verantwortung

Zwischen Laufbahn und Karrierepfad

26.2.2025
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Story

Bianca Dittrich ist Spitzensportlerin. Sie gehört zu den besten 30 Geherinnen weltweit und hält den deutschen Rekord im Gehen auf 35- und 50-Kilometer-Distanz. Und sie ist IT Service Managerin in der Haufe Group, in Vollzeit. Bianca liebt ihren Sport und ihre Arbeit. In der Haufe Group hat sie einen Arbeitgeber gefunden, der es ihr ermöglicht, beide Karrieren miteinander zu vereinbaren. Aber der Weg bis hierhin war nicht immer einfach.

Es ist ein milder Wintertag. Bianca, 31 Jahre alt, läuft einen Freiburger Waldweg entlang. Es hat geregnet, der Boden ist aufgeweicht und schmatzt bei jedem Tritt. Bianca schaut konzentriert, die Lippen sind leicht geöffnet, der Pferdeschwanz wippt. Ihre Schritte sind fest, entschlossen, dynamisch. Es ist 10 Uhr – bis eben saß sie noch im Büro, hat Mails bearbeitet, einige Aufgaben abgeschlossen und sich dann umgezogen. Schwarzer Trainingsanzug, weißes Basecap, pink-blau leuchtende Laufschuhe. Jetzt stehen 90 Minuten Training auf dem Programm.

Ihre Pulsuhr behält Bianca während ihres Trainings immer im Blick.

Bianca ist Leistungssportlerin. Sie hat mehrere Rekorde aufgestellt, Medaillen gewonnen und gehört zur deutschen Spitze im Gehen auf der Langstrecke. Und sie ist IT Service Managerin. In Vollzeit arbeitet sie in der Haufe Group und ist verantwortlich für den technischen Support verschiedener E-Learning-Instanzen bei der Haufe Akademie. Fünf Tage pro Woche sitzt sie am Rechner und überwacht das Monitoring zahlreicher Anwendungen, nimmt Fehlermeldungen auf und arbeitet daran, technische Prozesse zu optimieren. Und sechs Tage pro Woche trainiert sie. Mindestens eine Stunde, maximal drei, mal intensiv, mal ruhig, immer die Pulsuhr im Blick. Heute steht da: Trainingsbereitschaft hoch.

Die Haufe Group unterstützt sie dabei, Sport und Job unter einen Hut zu bekommen. Neben flexiblen Arbeitszeiten bekommt Bianca zusätzliche Urlaubstage für Wettkämpfe und Trainingslager, damit sie sich in ihrem eigentlichen Urlaub erholen kann. Vor allem ist es aber ihr Team, das ihr großes Verständnis entgegenbringt und flexibel und positiv gestimmt mit der Situation umgeht. Ihr Kalender ist lange im Voraus geplant, damit sich alle im Team auf ihre Abwesenheiten einstellen können. Ihre Rolle teilt Bianca sich mit einem Kollegen, der in Wettkampfphasen übernimmt. „Ich bin jeden Tag dankbar, dass wir alle gemeinsam einen Weg gefunden haben und ich einen Arbeitgeber an der Seite habe, der es mir möglich macht, beide Welten zu vereinen“, sagt Bianca, während sie Dehnübungen an einer Bank macht.

Denn das war nicht immer so. „Ich bin immer wieder auf Skepsis und Unverständnis gestoßen und habe nicht nur einmal darüber nachgedacht, einfach aufzuhören. Erst in der Haufe Group habe ich meinen Leistungssport neben dem Beruf professioneller ausüben können.“

Die Kunst des Gehens

Angefangen hat alles auf einem Sofa, vor mehr als 20 Jahren: 2003 sitzt Bianca zusammen mit ihrer Mutter auf der grünen Eckcouch in ihrem Zuhause in der Thüringer Kreisstadt Apolda. Im Fernsehen läuft die Leichtathletik-Weltmeisterschaft. Sport hat in der Familie Tradition: Ihr Onkel war Profi-Fußballer in der DDR-Nationalmannschaft, die Tante erfolgreiche Siebenkämpferin und ihre Mutter Volleyballerin mit Leidenschaft. Auch Bianca startet mit sechs Jahren im Schwimmverein und bettelt mit neun Jahren ihre Mutter an, sie auch für Leichtathletik anzumelden. Wenn sie nicht trainiert, schaut sie Wettkämpfe im Fernsehen, so wie an diesem warmen Augustmorgen.

Kurz vor acht Uhr läuft da das Finale der Nischendisziplin Gehen auf der Langstrecke. Bianca starrt wie gebannt auf den Bildschirm, folgt den kurzen, schnellen Schritten und den schwingenden Hüften der Athleten und fragt ihre Mutter über diesen Sport aus. „Sie hat mit großem Respekt über das Gehen gesprochen und mir gesagt, dass es eine anspruchsvolle Disziplin ist, die nicht jeder kann.“ Bianca denkt sich in diesem Moment: Dann will ich es können. Und so beginnt im Alter von zehn Jahren ihre Karriere im Gehsport.

Im Gehsport gelten strenge Regeln, ein Fuß muss immer den Boden berühren.

Es folgen regionale, überregionale und nationale Titelkämpfe sowie einige Erfolge. Am meisten reizen sie die langen Distanzen und weil diese offiziell nicht für Frauen zugelassen sind, meldet sich Bianca auch einfach mal bei den Männerwettbewerben an. In dieser Zeit, Bianca ist 20 Jahre alt, startet sie auch ihr Studium der Fremdsprachenpädagogik – merkt aber schnell, dass sie Studium und Training nicht unter einen Hut kriegt. Zudem wird Bianca von ihrer Gesundheit ausgebremst: Sie erleidet vier Ermüdungsbrüche und eine erblich bedingte Knochennekrose wird entdeckt, die einhergeht mit absterbendem Knochengewebe.

Weil sie als Geherin in denen für sie zugelassenen Strecken keine Förderungsmöglichkeiten bekommt, entscheidet sich Bianca schließlich, sich auf ihr Studium zu konzentrieren. Sie nimmt nur noch an wenigen Wettkämpfen teil und zweifelt stark an sich. „Ich war eigentlich ziemlich überzeugt, dass ich das Thema Leistungssport an den Nagel hängen muss.“

Die Wende kommt, als eine US-amerikanische Athletin durchsetzt, dass auch Frauen auf ihrer Paradestrecke im 50-Kilometer-Gehen antreten dürfen. Bianca nimmt kurzerhand Kontakt zum Offenburger Trainer und Gehspezialisten Robert Ihly auf, der ihren Trainingsplan umkrempelt und sie zu neuen Höchstleistungen antreibt. 2018 geht sie zum ersten Mal ganz offiziell die 50 Kilometer und knackt mit einer Zeit von vier Stunden und 43 Minuten auch den deutschen Rekord der Frauen.

Die Suche nach der Balance

In dieser Zeit zieht Bianca für ein optimales Trainingsumfeld nach Südbaden, denn hier wohnt Robert Ihly, der sie bisher nur aus der Ferne trainiert hatte. Freiburg wird ihre Wahlheimat und sie startet, den Master in Fremdsprachenpädagogik im Gepäck, mit einer Vollzeitstelle in der Tourismusbranche in ihr Berufsleben. Von 9 bis 18 Uhr wird gearbeitet, davor und danach trainiert. Jeden Tag. Pro Woche kommt sie auf 150 gegangene Kilometer und fällt abends erschöpft ins Bett. Soziale Kontakte hat sie in dieser Zeit keine mehr. „Der Stress war enorm“, sagt Bianca heute. Aber noch einmal will sie den Sport nicht hintenanstellen, sondern sucht nach flexiblen Anstellungen. Bei Bewerbungen geht sie nicht auf ihre Leidenschaft Sport ein: „Mir wurde einmal gesagt, ich müsste mich entscheiden – will ich meine Energie in den Sport stecken oder in die Arbeit? Aber ich will mich nicht entscheiden müssen“, sagt Bianca.

„Mir wurde einmal gesagt, ich müsste mich entscheiden – will ich meine Energie in den Sport stecken oder in die Arbeit? Aber ich will mich nicht entscheiden müssen.“ Bianca

Und dann sieht sie im Sommer 2021 eine Stelle bei der Haufe Group, im IT-Bereich, für Quereinsteiger:innen. Bianca, die schon immer Herausforderungen gesucht hat, bewirbt sich. Im Kennenlerntermin mit dem Team verschweigt sie das harte Training – bis sich ein Teammitglied meldet. „Er hätte mich gegoogelt, ich würde so einen komischen Sport machen, wie er sich das denn vorstellen kann“, erzählt Bianca. Heute lachend antwortet sie damals mit einem mulmigen Gefühl, aber merkt schnell, dass sie auf ehrliches Interesse stößt. „Sowohl meine Führungskraft als auch das Team haben das offensichtlich eher so gesehen: Da ist jemand überengagiert und ehrgeizig. Und so jemand schafft auch einen Quereinstieg.“

Sie kriegt den Job. Auch bei der Haufe Group ist die Vereinbarkeit von Spitzensport und Beruf zunächst für alle eine neue Situation. „Aber, und das war der entscheidende Unterschied: Alle waren offen und neugierig. Das habe ich als sehr positiv wahrgenommen“, erinnert sich Bianca.

Ein Team, das alles möglich macht

In den folgenden Jahren wird sie deutsche Meisterin, schafft es unter die Top 30 in der Europa- und der Weltmeisterschaft und stellt Rekorde in den Distanzen 35 Kilometer und 50 Kilometer im Gehen auf. Die Arbeitszeiten so zu organisieren, dass es für alle passt, bleibt aber erstmal eine Herausforderung. Wieder trainiert sie vor und nach dem Büroalltag und jongliert mit Überstunden. Ihre Urlaubstage nutzt sie für Trainingslager und Wettkämpfe. Und trotzdem steigert sie 2023 nach einem australischen Trainingslager ihre bisherige Zeit um zehn Minuten, katapultiert sich an die Spitze der deutschen Jahresbestenliste und qualifiziert sich kurz darauf auch noch für die Weltmeisterschaft im 35-Kilometer-Gehen.

„Das war der Zeitpunkt, wo ich gemerkt habe, dass mein Körper auf Hochtouren läuft und dass ich noch viel mehr aus mir herausholen kann,“ sagt Bianca. Jetzt heißt es: Noch mehr Training. Die Urlaubstage sind schon aufgebraucht, also beantragt Bianca Sonderurlaub. „Wenn ich dann online war und arbeiten wollte, kamen die Nachrichten von meinen Kolleginnen und Kollegen: Melde dich ab, geh trainieren. Wir schaffen das hier, zieh dein Ding durch.“

„Es waren meine Kolleginnen und Kollegen, die gesagt haben: Melde dich ab, geh trainieren. Wir schaffen das hier, zieh dein Ding durch.“ Bianca

Sie fährt zum Wettkampf, schafft den 29. Platz, trotz enormer Hitze. Als sie danach im Hotel in Budapest ihren Computer hochfährt, ist der Teams-Kanal voll mit Nachrichten. „Da war alles vollgespamt über den Wettkampf. Die haben einen richtigen Liveticker gemacht, wo ich gerade bin, wie es mir geht und total mitgefiebert“, erinnert sie sich lächelnd. Diese Unterstützung und Wertschätzung habe sie wirklich umgehauen. „Damals habe ich verstanden: Vereinbarkeit von Sport und Beruf ist in allererster Linie Teamarbeit.“

Bei der Vereinbarkeit von Sport und Beruf wird Bianca sehr von ihrem Team unterstützt.

Neue Wege, neue Ziele

Zurück auf dem Waldweg. Seit Budapest ist mehr als ein Jahr vergangen. Bianca trainiert gerade wieder für eine Weltmeisterschaft. Nicht mehr im Gehen, sondern im Duathlon, eine Ausdauersportart, die aus den Disziplinen Laufen und Radfahren besteht. Lange hat sie mit dieser Entscheidung gerungen. Aber inzwischen werden Gehdistanzen bei Wettkämpfen immer weiter verkürzt. Ihr großer Traum, bei Olympia auf 50 Kilometer dabei zu sein, ist geplatzt. „Die Wettkämpfe sind rar, der Gehsport ist medial nicht attraktiv genug, die Förderung von Frauen auf der Langstrecke durch den nationalen Sportfachverband ist dürftig. Den Weg als Einzelkämpferin habe ich als eine enorme Belastung wahrgenommen.“ Das habe ihr den Spaß genommen. „Ich habe nur noch verkopft trainiert. Aber gleichzeitig lief mein Körper auf Hochtouren. Am Ende habe ich mir die Frage gestellt, ob ich mit dem Sport ganz aufhören oder etwas Neues probieren möchte.“

Zusammen mit ihrem Trainer hat sich Bianca für Letzteres entschieden. „Beim Laufen profitiere ich von meiner Ausdauer, das Rennrad nutze ich seit meiner Jugend als alternatives Trainingsmittel zur Verletzungsprophylaxe. Die Voraussetzungen sind also da. Ich kann noch nicht sagen, welche Ziele realistisch sind. Aber ich würde zumindest gerne noch mindestens einmal in meinem Leben im Nationaltrikot starten.“

Laufen und Fahrradfahren statt Gehen: Bianca hat inzwischen die Disziplin gewechselt.

Auch wenn sie sportlich neue Wege wagt, hat sie die Unterstützung der Haufe Group sicher. Heute ist Bianca mehr als froh, Spitzensportlerin sein zu können, ohne von ihrem Sport leben zu müssen. „Ich bin unabhängiger und flexibler und habe ein zweites, sicheres Standbein.“ Auch der Wechsel von Fremdsprachen in die IT sei im Rückblick die richtige Entscheidung gewesen. „Der Sport ist immer meine Leidenschaft. Aber mein Job macht mir Spaß und ich möchte ihn nicht aufgeben.“

Tatsächlich findet Bianca, dass es diese Balance war, die sie erfolgreicher im Sport machte. „Ich wusste immer: Wenn mein Wettkampf nicht gut läuft, fängt am Montag trotzdem wieder eine ganz normale Arbeitswoche an. Alles kann, nichts muss. Diese Einstellung hat den Druck rausgenommen und mir mehr gebracht als hartes Training.“ In ihren Augen wirken sich Sport und Beruf positiv aufeinander aus, denn: „Wenn ich einen guten Job mache, kann ich im Training mehr leisten. Wenn ich stark im Training bin, bin ich motivierter auf der Arbeit.“

Bianca hat für sich den richtigen Weg gefunden und kann anderen Sportler:innen und Unternehmen nur nahelegen, neugierig und mutig zu sein, um neue Wege und Formate auszuprobieren. Ihre größte Dankbarkeit gilt aber weiterhin ihren Kolleg:innen. Denn egal ob Gehsport oder Duathlon – noch immer wird sie lauthals angefeuert.

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